Dienstag, 28. Mai 2013

Ein Haus an einem Tag

Um sechs Uhr morgens sind wir an diesem Dienstag auf der Baustelle. Tagelang hat es ununterbrochen geregnet, in großen Pfützen steht das Wasser auf den Bodenplatten-Elementen. Heute soll der einzige regenfreie Tag der Woche werden. Heute soll das Haus aufgestellt werden.
Wir bekommen ein Haus in Holztafelbauweise, und das hat für uns als Bauherren gleich mehrere Vorteile. Die eines Holzhauses an sich durften wir in den letzten Jahren schon kennen und lieben lernen - das Haus, in dem wir momentan noch leben, ist ebenfalls ein Holzhaus. Holztafelbau geht zudem außerdem ziemlich schnell.
Neun Monate von der Planung bis zum Einzug ins neue Haus ist ein rekordverdächtiges Vorhaben. Die Holztafelbauweise kommt uns da entgegen, denn erstens müssen wir nicht zusehen, wie der Rohbau Stein um Stein Tag für Tag langsam in die Höhe wächst, und zweitens  entfällt die Trocknungszeit von mehreren Monaten. Da die Gebäudehülle nach dem Aufbau sofort dicht ist, ist das Gebäude umgehend wind- und wetterfest. Holztafelbau, das ist in etwa so wie das Backen eines Lebkuchenhauses. Sind die Wände erst einmal fertig, muss man sie nur noch zusammen kleben, dekorieren und schon kann man los legen mit naschen.
Schon mehrere Wochen vor diesem 28. Mai wurden unsere Wände samt Dämmung, Fenster und Türen im Huber Holzbau-Werk in Falkenberg gefertigt. Jetzt, um 6 Uhr morgens, rollt ein Lastwagen voll mit Holzelementen den kleinen Berg zu unserem Grundstück hoch. Der Kran steht bereit, die Zimmerer ebenfalls. Nebel hängt noch in der Luft, als die erste Wand "einschwebt". Ein faszinierender Anblick.


Wand um Wand wird nun per Kran vom Lastwagen gehoben und in die Aussparungen der Bodenplatte eingepasst. Ganz gebannt stehen mein Mann und ich auf der Baustelle, überlegen bei jedem neuen Element, das sich auf den Weg Richtung Grundstück macht, welche Wand genau wir da nun sehen. "Garderobe", gibt mein Mann bei Element Nummer 1 den richtigen Tipp ab, und auch jede weitere Wand erkennen wir fast mühelos. Die Arbeiten gehen rasant voran - um 9.30 Uhr steht bereits das Erdgeschoß fertig da.

Die Zimmerer gönnen sich allerdings nur eine kurze Pause. Die Sonne scheint, doch bereits am morgigen Mittwoch soll es wieder regnen. Der erste Stock und das Dach müssen folglich noch heute fertig montiert werden. Der Lastwagen ist leer, macht sich sogleich auf den Weg, weitere Wandelemente und die Dachbalken zu holen.  Vor dem mittlerweile strahlend blauen Himmel schweben Deckenelemente durch die Luft.  Durch die Luke im Flur, wo später einmal eine Treppe nach oben führen wird, kraxle ich auf einer Leiter nach oben, möchte mir dieses Spektakel nicht entgehen lassen.


Während ich auf der bereits montierten Zwischendecke festen Boden unter den Füßen habe und mich relativ sicher wähne, müssen die Zimmerer, um die Decke für das Nebengebäude zu montieren, dazu auf den schmalen Außenwänden balancieren. Mir wird allein beim Anblick schwindlig, für die Handwerker indes scheint es ein Leichtes zu sein. Routiniert fügen sie die Decke samt Balken in den Freiraum ein, befestigen sie an den tragenden Wänden. Dann widmen sie sich dem nächsten Stockwerk - Wand für Wand. Mein Mann und ich können gar nicht genug kriegen vom Anblick unseres Hauses, das nach so vielen Wochen der Phantasie nun endlich Gestalt angenommen hat. Um 18.30 Uhr an diesem  Abend ist das Werk vollendet.


Sonntag, 26. Mai 2013

Tatü-tata, die Feuerwehr ist da

Tatü-tata, die Feuerwehr ist da. Zwar ohne Blaulicht und Sirenengeheul, dafür aber mit wertvoller Fracht: Unserem First! Tagelang haben wir gebangt um dieses so kostbare Puzzleteilchen, ohne das das Gesamtwerk "Haus" nicht vollendet werden kann, nun wird es uns, gut eingepackt und hübsch dekoriert, per  Drehleiterfahrzeug  auf die Baustelle gebracht. 


Wir beobachten das Spektakel mit den Händen in den Hosentaschen. Familie und Freunde haben den First gestohlen, nun sollen sich die Diebe bei dessen Rückgabe auch ordentlich schinden. "Das ist ja gar nicht der First", bemerkt mein Partner leise und stupst mich mit dem Ellenbogen in die Seite. Ich schaue genauer hin und muss ihm recht geben. Viel zu schmal ist jener Balken, der gerade vorsichtig vom Feuerwehrfahrzeug gehoben wird. Wir fragen bei den Dieben nach: "Euer First ist ja riesig! Und super schwer. Den haben wir natürlich nicht gestohlen, den hätten wir gar nicht transportieren können!". 
So haben sie einfach einen Dachsparren genommen, einen jener Träger, die von der Traufe zum First verlaufen und die Dachhaut tragen. Nichtsdestotrotz ist auch der Sparren wichtiger Bestandteil unseres Hauses, und so verhandeln wir zwar hart, als es um dessen Auslöse geht, aber doch effizient. Mit einer Einladung zum Richtfest samt zünftiger Brotzeit können wir die Diebe milde stimmen. Die Beute wird zurück gegeben. 


Montag, 20. Mai 2013

Da fehlt doch was! Firstdiebe am Werk!

Ein First ist die obere waagrechte Kante eines Daches. Ohne First ist das Dach nicht komplett, ohne ihn geht gar nichts. In Niederbayern wird eben jener First deshalb gerne mal gestohlen. Von Freunden der Bauherren oder von der Familie wird der Holzbalken meist in einer Nacht- und Nebelaktion von der Baustelle transportiert, mit Tannenzweigen und bunten Bändern dekoriert und dann beim Bauherrn um Auslöse gebeten. Meistens ist das eine zünftige Brotzeit, für die sich die Firstdiebe wiederum mit Arbeitseinsätzen auf der Baustelle revanchieren.
Unser neues Haus bekommt ein Pultdach, unser First ist demnach riesig, massiv und richtig schwer. Den, denken wir sorglos, klaut uns so schnell niemand. Zumal sämtliche Balken und alles was dazu gehört erst an Tag X auf die Baustelle geliefert werden. Bis dahin lagern sie sicher und gut bewacht beim Bauunternehmen. Denken wir. Bis uns dieses Foto erreicht:
 Nun ist diese Angelegenheit für uns wirklich dumm gelaufen. Unsere Freunde haben nämlich unsere kleine Abwesenheit im Kurzurlaub dafür genutzt, sich mit dem Bauunternehmen in Verbindung zu setzen und einen Plan auszuarbeiten. Hatten wir unseren First und alles was dazu gehört sicher in den Hallen beim "Huber Holzbau" gewähnt, so steckte im Endeffekt Firmenchef Michael Huber doch glatt mit den Dieben unter einer Decke. Da wurde dann auch noch zünftig auf den erfolgreichen Beutezug angestoßen.
Ganz schön gemein, finden wir. Ganz schön lustig, finden wir außerdem - und lassen uns gerne auf die Verhandlungen ein. Sonntag in einer Woche bekommen wir unseren First wieder, und die Diebe eine Brotzeit.

Montag, 13. Mai 2013

Kundenhotline - oder: wie man Bauherren in den Wahnsinn treiben kann

Wie kommen Fernsehprogramm und Internetanschluss ins neue Haus? Ich blättere in den Prospekten der deutschen Dienstleister und versuche, zwischen all den Angeboten das richtige für einen drei-Personen-Haushalt heraus zu finden. Am liebsten wäre mir ein Angebot aus einer Hand, spekuliere ich, während ich mich via Google auf den technisch neuesten Stand zu bringen versuche. Ein Fenster ploppt auf, ein großes deutsches Unternehmen weist dort auf seine aktuellen Rabatt-Aktionen hin. Der Name bürgt durchaus für Qualität, also wähle ich die im Internet angegebene Nummer.
Vielleicht hätte ich mir an diesem Tag einfach Zeit nehmen sollen. Vielleicht hätte ich mich in Ruhe an den Schreibtisch setzen sollen und nicht glauben, ein unverbindlicher Anruf lasse sich im Stehen, zwischen Küche und Esszimmer, absolvieren. Vielleicht hätte ich einfach auf die Nachbarn hören sollen, die behaupteten, nie mehr einen Vertrag mit eben jenem deutschen Traditionsunternehmen abschließen zu wollen. Statt dessen wähle ich sorglos die Nummer - und werde sogleich mit einem eine freundlichen "Herzlich willkommen. Bitte legen Sie nicht auf. Sie werden gleich mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden" empfangen.
Derlei automatische Ansagen haben gleich mehrere Haken. Zum einen sind sie nur beim ersten Mal freundlich. Bereits ab dem zweiten Mal nerven sie eigentlich nur noch. Zum anderen sind sie meistens mit lästiger Unterhaltungsmusik unterlegt, die ihren Namen definitiv zu Unrecht trägt. Außerdem ist das Gesagte eine glatte Lüge. "Gleich" heißt nämlich in diesem Fall: Vier Minuten. Vier Minuten, die sich dank unerträglicher Warteschleifenmusik doppelt so lange hinziehen.
Auf einem kleinen Schreibblock sind inzwischen bunte Blumenmuster und lustige Wolken entstanden und ich möchte den Telefonmonolog schon fast beenden, da höre ich plötzlich doch noch  eine echte Menschenstimme am anderen Ende der Leitung: "Willkommen bei *Piep*, was kann ich für Sie tun?".  Ich schildere dem Herrn kurz mein Anliegen: Dass wir gerade Haus bauen und dass es schön wäre, wenn wir dort  Telefon, Internet und Fernsehen haben könnten. "Oh, da sind Sie bei mir falsch", wiegelt der nette Herr sogleich ab. "Dafür gibt es unsere Bauherren-Hotline. Ich gebe Ihnen die Nummer. Die Kollegen sind montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr für Sie da."
"Sind sie nicht!", möchte ich dem netten Herrn ein paar Tage später entgegnen, nachdem ich zum mittlerweile siebten Mal bei besagter Bauherren-Hotline angerufen habe und außer eintönigen Freizeichen nichts vernommen habe.  Deshalb wähle ich Plan B, lade von der Homepage des Unternehmens einen Fragebogen herunter, fülle ihn aus und faxe ihn an eine angegebene Nummer mit der Bitte um schnelle Rückantwort. Das war vor mehr als fünf Wochen. Wir haben uns jetzt vorsorglich eine Satellitenschüssel  bestellt. Lieferzeit: drei Tage.

Montag, 6. Mai 2013

Drum stütze, was du zu erhalten strebst

Anfang Mai und das Wetter ist nicht wirklich einladend.  Das Thermometer zeigt gerade einmal zehn Grad an, fröstelnd mache ich mich auf den Weg zur Baustelle. Dort haben die Mitarbeiter der Firma Schmid in den letzten Tagen ganze Arbeit geleistet. Auf einem noch vor wenigen Monaten wild bewachsenen Hanggrundstück wurden etliche Kubikmeter Erdreich im Norden abgegraben und in der Mitte des Grundstückes wieder aufgeschüttet. Dorthin, wo einmal unser Haus stehen soll.
Zu Beginn unserer Hausplanungen stand für uns schnell fest: Ein richtiges Hanghaus wollen wir nicht. Auch keinen Keller und keinen schiefen Garten. Also muss Erdreich an einer Stelle abgetragen und an einer anderen wieder aufgeschüttet werden, um eine ebene Fläche zu erhalten. Das ist eine Herausforderung an die Statik, der wir mit einer Stützmauer entlang der abgetragenen Nordfläche entgegen kommen wollen. Rein theoretisch, denn praktisch kostet so eine Stützmauer, rund 1,20 Meter hoch und aus Beton gegossen, einen Betrag, der mich erneut nächtelang nicht schlafen lässt. So lange, bis mein Vater zu bedenken gibt, dass Natursteine eine wesentlich schönere und günstigere Alternative zum Beton sind. 

40 Meter Betonmauer - es gibt Schöneres

Ruhiger werden meine Nächte durch diese Tatsache allerdings nicht. Denn mittlerweile steht fest, dass wir auch im Süden unseres Grundstücks eine solche Stützmauer brauchen werden. 40 Meter lang, zwei Meter hoch. Und zwei Meter Höhe, die schafft keine Natursteinmauer mehr, sie zu stützen. Auch keine L-Winkel aus Beton, die man  - rein theoretisch - einfach ins Erdreich hätte schieben können und die durch das Gewicht des Bodens stabil bleiben. Für eine zwei Meter hohe Mauer braucht man Beton. Qualitativ hochwertigen deutschen Beton. Dazu einen 50 Zentimeter tiefen Graben, in den das Fundament gegossen wird  - und jede Menge Kies, der die Mauer vor frierender Nässe schützt.
Ein Bauwerk, dessen Kalkulation mir kalten Schweiß ins Gesicht treibt. Ein Bauwerk, das sein muss, weil sonst das gesamte Hauskonzept, die Pläne, der Gartenentwurf, weil das alles sonst nicht zum Tragen kommen wird.
Ein Bauwerk, das Zeit hat, sagt mein Partner. Zeit, bis das Haus fertig ist. Zeit, die wir nutzen können, um nach Alternativen zu schauen.  Zeit, die ich fortan mit Schrittgeschwindigkeit durch Siedlungsstraßen fahrend verbringe - immer mit suchendem Blick nach einer Stützmauer.

Donnerstag, 2. Mai 2013

Mit einem guten Plan fängt alles an - außer der Strom

"Mit einem guten Plan fängt alles an." So steht es auf der Homepage des örtlichen Stromversorgers. Dazu jede Menge Tipps, was man alles machen muss, damit der Strom ins Haus kommt. Ich mag solche auskunftsfreudigen Internetseiten, denn sie machen es mir, dem Hausbau-Laien, einfach, und verhindern, dass ich etwas falsch  mache. Punkt für Punkt gehe ich die aufgeführten Ratschläge durch, der Elektroinstallateur notiert gewissenhaft, wo Zählerschrank und Panzersicherung im neuen Haus untergebracht sind und in welchen Räumen Starkstrom benötigt wird. Auch dass bereits jetzt ein Baustrom-Anschluss benötigt wird, geben wir frühzeitig beim Stromversorger in Auftrag. Der sichert uns sogleich zu, dass das zeitnah zum Baubeginn passieren wird. 

Was nicht kommt, ist der Baustrom


Tut es aber nicht. Weder zum Baubeginn, weder in der Woche danach. Weder am Dienstag, noch am Mittwoch, noch heute, am Donnerstag. Entschuldigt sei hiermit, dass der Mittwoch ein Feiertag war, und vielleicht haben das die Mitarbeiter des Stromversorgers zum Anlass genommen, sich ein richtig langes verlängertes Wochenende zu gönnen. Das respektiere ich, Urlaub braucht schließlich mal jeder.
Blöd, dass die Arbeiter auf der Baustelle ohne Strom nicht weiter machen können. Gut, dass der Bodenplattenbauer die Zeitverzögerung anscheinend schon mit eingerechnet hat und eigentlich, wie er betont, erst ab Montag so wirklich den Baustrom benötigen wird. Schlau, denke ich  mir, dass unser Bodenplattenbauer in Sachen Baustrom  einen Plan hatte. Und zwar einen richtig guten.